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Bundespräsidenten-Stichwahl

vepar5 / shutterstock
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Todesfall im Horse-Race-Journalism

Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ist erfreulich: Sie setzt dem Horse-Race-Journalism endlich Grenzen.

Die Stichwahl vom Mai 2016 um das Amt des Bundespräsidenten ist zu wiederholen: Diese Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ist ein Stoppschild für Massenmedien. Sie haben die Beschleunigung von Vorgängen ins Absurde gesteigert. Jetzt ist Schluß.

Das Mediengeschäft hat zahlreiche unerwünschte Nebenwirkungen. Eine davon ist die Beschleunigung in der Verbreitung von Nachrichten in steigender Quantität bei sinkender Qualität. Da es von jenen Nachrichten, die der Wettbewerb der Medien erfordert, weniger als von ihren Machern gewünscht gibt, werden im Vorfeld von Entscheidungen stets Voraus-Geschichten verbreitet: Vermutungen, Prognosen, Prophezeiungen, Wetten, Schätzungen, Interpretationen, Umfragen, Hochrechnungen, Analysen et cetera.

Insbesondere Boulevard-Medien geben Stil und Takt vor: Es ist Horce-Race-Journalism. Das ist jener Journalismus, für den alles ein Pferderennen ist. Zu sehen an der Fußball-WM. Und an der Wahl des Bundespräsidenten. Es gibt keine Informationen, keine Nachrichten, nichts. Dafür Anworten auf nicht-gestellte Fragen, also Schein-Nachrichten anstelle der relevanten und geprüften, etwa: Wer ist in welcher Form? Wer trägt welche Kleidung? Wer nimmt welches Kraftfutter zu sich? Wem geben welche Beobachter mehr Chancen auf Sieg? Wer ist Favorit? Wer jagt wen? Und noch ehe Berichte über Ereignisse verfasst werden können, verbreiten sich Vermutungen über deren Ablauf.

Das mag für Pferderennen angehen, die Demokratie hingegen nimmt Schaden

Dieser ist eingetreten. Medien waren eine Ursache, Medien tragen jetzt die Konsequenzen.

An Wahltagen erhielten stets eine wenige Redakteure in Massenmedien noch vor Wahlschluss und Stimmenauszählung Hinweise auf Entwicklungen im Wahlverhalten. Damit konnten Zeitungen und Sendungen redaktionell geplant werden. Verschwiegenheit und Nicht-Verbreitung waren geboten. Diese Regeln hielten Jahrzehnte. Zuletzt aber nicht mehr. Es war der Wettbewerb des Boulevards, der sich bedeutsam und interessant machen wollte, der die Schleusen der Indiskretion öffnete.

Eine vor Jahren ausgesprochene Rüge von Agenturen und Ministerien blieb wirkungslos. Die technischen Möglichkeiten neuer elektronischer Medien haben die illegale, regelwidrige Verbreitung von ersten Informationen über ein mögliches Wahlergebnis nochmals befördert. Das war jetzt zu viel. Damit könnte nämlich der Wahlausgang beeinflusst werden. Das ist für den Verfassungsgerichtshof ein weiterer wesentlicher Grund, die Stichwahl für das Amt des Bundespräsidenten zu wiederholen.

Was bleibt? Einige Journalisten und Massenmedien haben ihre besten Pferde – nämlich geprüfte Nachrichten – zu Tode gehetzt.

 

Weitere Infos:  orf.at/m/live/1501-VfGH-hebt-Stichwahl-vollstaendig-auf/

Posted by Claus Reitan

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